Als Fachschaft des Fachbereichs 03 möchten wir Prof. Dr. Tim Engartner herzlich zum zweiten Platz beim 1822-Preis für gute Lehre gratulieren. Studierendennahe Lehre, in der studentischen Anregungen und Ideen offen begegnet wird, ist immer unterstützenswert. Wir bedanken uns bei Prof. Dr. Tim Engartner für sein Engagement in der Lehre und begrüßen es, wenn Professor*innen in der Lehre mindestens genauso engagiert sind, wie in der Forschung. Das entspricht auch unseren grundlegenden Erwartungen an alle Professor*innen.

Gleichzeitig möchten wir aber unseren Unmut über die Vergabe eines solchen Preises deutlich machen. Zunächst einmal sollte doch klar sein, dass gute Lehre in allen Lehrstätten selbstverständlich sein sollte. Sicherlich tun sich einzelne Lehrpersonen hervor indem sie ein besonderes Engagement für ihr Fach oder ihre Studierende zeigen, dieses Engagement besonders hervorzuheben bedeutet aber auch die alltägliche Konkurrenz im akademischen Betrieb zusätzlich zu befeuern. Man könnte argumentieren, dass dies im Fall des Lehrpreises ja durchaus den Studierenden zu Gute kommt, da der Preis motiviere, einen besonderen Fokus auf die eigene Lehre zu legen. Damit wäre der Preis in seiner Wirkung aber wohl doch überschätzt, auf der anderen Seite geht er aber sicherlich auch nicht unbemerkt vorüber, so möchte der Preis laut Uni-Homepage ja auch „andere Lehrende dazu indirekt […] motivieren“.

Unbeachtet hingegen bleibt oft, dass nur Einzelne herausgehoben werden (pro Studiengang kann nur eine Person nominiert werden). Der*die Beste also darf nominiert werden und der Rest geht leer aus. Lehrbeauftragte beispielsweise dürfen überhaupt nicht vorgeschlagen werden, dabei sind sie es, die den schlechtbezahltesten Job in der Lehre haben, dafür jedoch meist einen großen Aufwand betreiben und oftmals engagierter sind als so manche*r Prof‘. Inzwischen ist es sogar gängig, dass Lehrbeauftragte völlig kostenlos lehren und auch Promovierende durch den Karrieredruck ‚freiwillig‘ mehr Seminare anbieten.

Damit nicht genug dient der Preis explizit auch dazu die „Qualität der Lehre bundesweit“ sichtbar zu machen. Es geht also darum, die Goethe-Uni oder auch einzelne Fachbereiche mal wieder in ein besseres Licht zu rücken und vermutlich mehr Studierende anzulocken. Diese Standort-Logik ist verwerflich. Uns geht es nicht nur um die gute Lehre an unserer Uni, sondern um „gute Bildung“ überall. Das Konkurrieren der Unis untereinander auf Bundesebene hat nicht zuletzt die ungleiche Verteilung von Mitteln zur Folge – während die Einen einen Exzellenzcluster nach dem nächsten gründen und damit zusätzliche Mittel einwerben können, geraten andere an ihr Existenzminimum und ganze Institute, wie momentan in Leipzig – aber auch hier – sind zunehmend von Schließungen bedroht. Dies folgt daraus, dass nicht nur eine bundesweite Konkurrenz, sondern auch eine inneruniversitäre, zwischen den Fachbereichen, erweitert wird. Diese verläuft entlang den Linien der Verwertbarkeit, Drittmitteleinwerbung und eben Leistung. Gefördert wird demnach, was Ergebnisse und Erfolge bringt. Ein Ergebnis davon ist die Marginalisierung oder sogar Verdrängung „marktfernerer“ Fächer. Elite oder Unterfinanzierung scheint die sich durchsetzende Devise zu sein.

Wir sind uns im Klaren darüber, dass Universität keinen von den gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen losgelösten Raum darstellt und in der bürgerlichen Gesellschaft dementsprechend notwendig kapitalistischer Verwertungslogik unterliegt. Folglich sind wir auch nicht verwundert über das Auftreten solcher Phänomene, die veranschaulichen, dass Konkurrenz auch den Bildungsbetrieb bestimmt. Unsere Kritik hört aber eben auch nicht am Zaun des IG-Farben Campus auf. Die Ellenbogen-Mentalität und Konkurrenz, als notwendige Folge kapitalistischer Gesellschaftsordnung, sind jenseits des Bildungssektors ebenso zu kritisieren wie an der Uni.

In diesem Sinne gegen Präkarisierung und Konkurrenz überall,
Fachschaft 03

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