Tutorium 1: Die RAF – Imperialismus Kritik bis Antisemitismus
„Israel vergießt Krokodilstränen. Es hat seine Sportler verheizt wie die Nazis die Juden – Brennmaterial für die imperialistische Ausrottungspolitik.“ Rote Armee Fraktion: Die Aktion des »Schwarzen September« in München. Zur Strategie des antiimperialistischen Kampfes, November 1972.
In diesem Jahr jährt sich zum 50. Mal, das Attentat der Roten Armee Fraktion auf das Hauptquartier des fünften US-Corps unter der Mai Offensive. Der Anschlagsort ist uns auch bekannt als das IG Farben Gebäude und das Casino. Ebenfalls jährt sich zum 50. Mal das Attentat bei den Olympischen Spielen in München, ausgeübt von der palästinensischen Organisation „Schwarzer September“. Bei der Geiselnahme von israelischen Sportler*innen forderte die Gruppe unter anderem die Befreiung von Mitgliedern der Roten Armee Fraktion.
Dieses Autonome Tutorium beschäftigt sich mit der Neuen Linken nach 1945 und den aus der 1968er Bewegung resultierenden linken Terrororganisationen. In diesem Rahmen wollen wie die Zusammen-hänge von Imperialismus Kritik im Kontext des Vietnamkriegs, Antiamerikanismus sowie Antisemitismus erörtern. Teil der Diskussion werden Vergleiche des antisemitischen, antizionistischen und antiamerikanistischen Weltbilds und die theoretische Einordnung in den sekundären Antisemitismus.
Kontakt: Emma und Lena, at_raf22-23@posteo.de


Tutorium 2: Was ist die materialistische Methode?
„Was Ihren Versuch, die Sache materialistisch zu behandeln, angeht, so muß ich vor allem sagen, daß die materialistische Methode in ihr Gegenteil umschlägt, wenn sie nicht als Leitfaden beim historischen Studium behandelt wird, sondern als fertige Schablone, wonach man sich die historischen Tatsachen zurechtschneidet.“ (Friedrich Engels an Paul Ernst, 1890)
Worin die materialistische Methode von Karl Marx und Friedrich Engels besteht und was sie ausmacht, soll in diesem autonomen Tutorium untersucht werden. In der gemeinsamen Lektüre und Diskussion werden wir uns dabei primär mit Grundlagentexten von Marx und Engels beschäftigen. Wir werden dabei sehen, wie Marx und Engels sich von den philosophischen Konzepten aus ihrer linkshegelianischen Jugend lösen und ihre eigene Konzeption von Wissenschaft entwickeln, die den hegelschen Idealismus und abstrakten Materialismus gleichermaßen überwinden und die wissenschaftliche Grundlage für selbstbewusste revolutionäre Praxis schaffen sollte. Wir werden uns daher vor allem mit den Frühwerken befassen, doch werden auch einige programmatische Texte diskutiert, die der sogenannten reifen Phase des Marxschen Werkes zuzuschreiben sind. Was ist das Verhältnis von Bewusstsein und gesellschaftlichen Sein, was bedeutet der Begriff der Produktionsweise, wie ist das Verhältnis von Theorie und Praxis? Fragen wie diese und mehr werden dabei aufgeworfen und sollen gemeinsam diskutiert und nach Möglichkeit geklärt werden. Das Hauptaugenmerk liegt dabei primär auf der Rekonstruktion der Konzeption einer materialistischen Wissenschaft der Gesellschaft und der Geschichte von Marx und Engels, doch kann dies Ausgangspunkt für weitergehende Fragen einer Aktualisierung durch die Teilnehmenden sein.
Vorkenntnisse sind nicht notwendig.


Tutorium 3: Leselabor: interdisziplinäre, einstiegsfreundliche STS
Kontakt: Frederik Beinvogl, f.beinvogl@stud.uni-frankfurt.de
Das Leselabor ist ein Seminar, das (nun zum zweiten Semester in Folge!) alle Studierendeneinlädt, die gerne mal über den Tellerrand der eigenen Disziplin schauen wollen. Als Grundlage für gemeinsames Diskutieren und Experimentieren werden wir einen bunten Strauß an Texten lesen von geisteswissenschaftlicher Theorie zu naturwissenschaftlichen Papern und Science-Fiction.
Da Theorie nicht nur dazu da sein soll schnell gelesen und nach dem Semesterende/ der Klausur wieder vergessen zu werden, werden Studierende im Seminar gefordert werden, diese außerhalb ihrer akademischen Bubble anzuwenden. Letztes Semester haben wir zum Beispiel Grundbegriffe der Soziologie auf eine Episode Spongebob angewendet und zu den Grundlagen des maschinellen Lernens ein Brettspiel gespielt, in welchem wir Algorithmen mit Süßigkeiten belohnen. Letztendlich zielt dieses Seminar darauf ab zusammen eine interdisziplinäre Perspektive zu entwickeln, die die Fächer aus denen wir kommen, herausfordert und die die Grundlageunseres eigenen Handelns werden kann.
Kontakt: Leselabor, leselaborantin@posteo.de


Tutorium 4: Die Trinidad Renaissance
Leider noch zu selten wird die Karibik in Deutschland mit ihrer reichen intellektuellen Tradition in Verbindung gebracht, die sie mindestens seit dem 19. Jahrhundert prägt. Am Beispiel der Trinidad Renaissance, einer künstlerisch-intellektuellen Bewegung der 1920er und 1930er Jahre, soll im Tutorium ein Einstieg in die karibische Ideengeschichte geboten werden. Dabei stehen die Bemühungen der im Tutorium zu lesenden Autor*innen im Fokus, kolonisierten subalternen Stimmen Gehör zu verschaffen und eine kritische Auseinandersetzung mit kolonial geprägter Wissensproduktion zu betreiben. Daneben soll die Rolle der geschichtlichen, ökonomischen und sozialen Rahmenbedingungen in Trinidad um 1900 vermittelt werden, ohne die sich die trinidadische Ideengeschichte nicht verstehen lässt.
Kontakt: Niklas Lehrke, lehrke.niklas@stud.uni-frankfurt.de


Tutorium 5: Progressive Wirtschaftspolitik – sozialwissenschaftliche Rückaneignung eines vernachlässigten Politikfeldes
Wirtschaftswissenschaften – und insbesondere VWL – sind Sozialwissenschaften. Wirtschaftliches Handeln ist zentral für gesellschaftliches Zusammenleben und Wirtschaftspolitik ein zentrales, aber dennoch unterschätztes Politikfeld. Die Sozialwissenschaften müssen sich dieses Politikfeld – aus der neoklassischen/neoliberalen wirtschaftswissenschaftlichen Dominanz – zurückaneignen und hier alternative, tragfähige Konzepte analysieren und popularisieren. Es bedarf einer gesellschaftswissenschaftlichen und interdisziplinären Perspektive und Kritik der wissenschaftlichen und politischen Ökonomie. Dies kommt in den typischen sozialwissenschaftlichen, jedoch vor allem in den wirtschaftswissenschaftlichen curricularen Lehrveranstaltungen deutlich zu kurz – es braucht einen pluralen Blick auf (progressive) Wirtschaftspolitik. Steuer-, Geld- und Finanzpolitik klingen langweilig, doch deren politische Gestaltung ist grundlegend für Politik. Denn – verkürzend gesagt – hier kommt das Geld her, um zentrale politische Projekte umsetzen zu können. In der progressiven Wirtschaftspolitik geht es – noch – nicht um die Revolution, sondern um kurz- bis mittelfristige mehr oder weniger radikale Reformen innerhalb des bestehenden politischen und wirtschaftlichen Systems. Dies soll gestützt durch Auseinandersitzung mit Buchkapitel, Artikeln, Podcastfolgen und Videos dieses autonome Tutorium schlaglicht- und einführungsartig (re-)konstruieren.
Kontakt: Tim Rieth, s3050788@stud.uni-frankfurt.de