2018 Sommersemester

Decolonize Now! Postcolonial and Feminist Perspectives on Power and Domination

Dieser Kurs wird sich mit feministischen und postkolonialen Theorien aus verschiedenen Kontexten beschäftigen. Ein zentrales Ziel ist es, durch die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Konzepten und Perspektiven die hegemoniale Stellung europäischen Wissens und damit einhergehender Handlungs- und Artikulationspositionen kritisch zu reflektieren. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns im Rahmen des Autonomen Tutoriums mit den Potentialen und Herausforderungen feministischer und postkolonialer Theorien, sowie deren und unserer eigenen Positionierung in oder gegenüber dem hegemonialen Wissenskanon. Durch eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen kritischen Positionen werden wir Möglichkeiten von Gegenmodellen zu und Interventionen in westliche Dominanz diskutieren. Im letzten Teil des Tutoriums setzen wir uns schließlich mit Verbindungen, Visionen und Möglichkeiten der Solidarität zwischen verschiedenen gegen-hegemonialen Ideen auseinander.
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This course will approach feminist and postcolonial theories from various contexts. By engaging in different concepts and perspectives, it is a central aim to critically reflect upon hegemonic European knowledge and concomitant positions of speaking and acting. Against this background, the course aims at tracing the potentials and challenges of feminist and postcolonial theories, as well as their and our own positioning within or towards the hegemonic canon of knowledge. Engaging in different critical perspectives, we will discuss counter-models and interventions towards Western domination. Finally, we will engage in connections, visions, and solidarity between different counter-hegemonic ideas.


Die Entwicklung von LGBTIQ* Charakteren in Filmen und Serien – Eine kulturanalytische Betrachtung Queerer Filmgeschichte.

Was haben die Serien und Filme Glee, Sense 8, und Stonewall gemeinsam? Diese filmischen Werke setzen einen Fokus auf sexuelle und geschlechtliche Identitäten des LGBTIQ* Spektrums. Doch wie kam es zu einer wachsenden Repräsentation von LGBTIQ* Charakteren und Themen im 21. Jahrhundert?

In diesem Tutorium soll gemeinsam zeitgeschichtlich und kulturanalytisch die Entwicklung von Queerer Filmgeschichte erarbeitet werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Repräsentation von sexuellen und geschlechtlichen Identitäten in Filmen und Serien. Welche Formen von Subtext, Codes und Referenzen wurden zur Umgehung des rechtlichen und sittlichen Tabus von Homosexualität in filmischen Werken ab den 1930er Jahren verwendet? Wie veränderte sich die Sichtbarkeit von LGBTIQ* Charakteren im Kontext der Lesben- und Schwulenbewegung und der sexuellen Befreiung ab den 1970er Jahren? Gibt es Unterschiede in der filmischen Darstellung von weiblicher und männlicher Homosexualität?

Anhand dieser und weiteren Fragen soll die gesellschaftliche Bedeutung der Sichtbarkeit von LGBTIQ* Charakteren und deren Repräsentationspolitik in Filmen und Serien kritisch analysiert werden.

Teile der Literatur und der filmischen Ausschnitte werden auf Englisch sein.


Kritiken des Staates und des Rechts

Der Fachbereich Gesellschaftswissenschaft der Uni Frankfurt ist nicht nur bekannt für die traditionelle kritische Theorie, sondern auch für seine Tradition der materialistischen Staatskritik rund um Joachim Hirsch. Die historisch wichtige Staatsableitungsdebatte ist für viele nicht mehr bekannt und diese staatskritische Tradition am Fachbereich scheint vollends verschwunden zu sein. So fehlt es an einer tiefergehenden Auseinandersetzung damit, wie der bürgerliche Staat zu begründen ist und welche Rolle er in der Reproduktion des Kapitalismus sowie anderer Machtverhältnisse einnimmt. Um Gesellschaft, ihre Reproduktion sowie eine mögliche Emanzipation daraus zu verstehen, bedarf es immer auch ein Verständnis des Staates in seinem Verhältnis zu Produktionsverhältnissen, zur Warenform, gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen und Machtmechanismen. Deshalb soll sich das autonome Tutorium zur Aufgabe nehmen, einen Überblick über Kritiken des Staates sowie des Rechts zu geben.

Hierbei werden klassisch marxistische, neomarxistische, poststrukturalistische sowie feministische und postkoloniale Texte gelesen und in Verbindung gebracht. Es wird einerseits versucht unterschiedlich Dimensionen des Staates zu beleuchten sowie aus unterschiedlichen Perspektiven zu kritisieren und zugleich immer wieder die historische Entwicklung von Produktionsverhältnissen, Gesellschaft und Staat mitzuanalysieren.


Kritische Betrachtungen der Lohnarbeit

Im Tutorium möchten wir durch Lektüre und Diskussion mit euch gemeinsam erschließen, welche unmittelbaren Zwänge und ideologische Faktoren benötigt werden, um Menschen in ein Lohnarbeitsverhältnis zu bringen. Neben den historischen Bedingungen seit Beginn der industriellen Revolution in Europa, mit denen sich Autoren wie Polanyi oder Marx beschäftigten, möchten wir mit euch auch über die ideologischen Beweggründe der Lohnabhängigen sprechen, Arbeit nachzugehen und dazu ausgewählte Lektüre betrachten. Weiterhin sollen aktuelle feministische Ansätze, wie z.B. von Silvia Federici diskutiert werden, welche den Fokus auf die häusliche Reproduktionsarbeit als spezifische Form der weiblichen Unterdrückung legen. Ebenfalls kann es Raum dafür geben, sich kritisch mit der zentralen Aufgabe von Sozialpolitik als „staatliche Strategie zur Eingliederung von Arbeitskräften in das Lohnarbeitsverhältnis“ (Lenhardt und Offe) auseinanderzusetzen.

Im Zentrum des Tutoriums soll jedoch nicht nur eine theoretische Herangehensweise stehen, sondern auch eine Auseinandersetzung mit möglichen Alternativen zum vorherrschenden Arbeitsverständnis wie z.B. durch Paul Lafargues „Recht auf Faulheit“ sowie Potenziale ausgelotet werden, andere Arbeitseinstellungen praktisch zu leben.

In der ersten Sitzung wollen wir den Seminarplan mit euren Vorstellungen ergänzen. Wir freuen uns auf weitreichende Diskussionen und hoffen, im Tutorium der Antwort auf die Frage, wie eine Gesellschaft mit „befreitem“ Arbeitsverständnis aussehen kann, gemeinsam etwas näher zu kommen.


Kritische Theorien der Internationalen Beziehungen

Zuerst war da der Realismus, dann kam der Institutionalismus, der Liberalismus und der neue crazy shit ist der Konstruktivismus. Kennt ihr diese Einführung in die Internationalen Beziehungen? Selbst wenn in einem Nebensatz dann doch noch die Existenz einer kritischen Perspektive auf die IB erwähnt wird, entdeckt man sie später nur sehr selten im Vorlesungsverzeichnis. Dann eben: Autonomes Tutorium. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Wir wollen vielmehr einen offenen Raum schaffen, indem wir uns gemeinsam mit kritischer IB beschäftigen können. Deshalb steht in den ersten drei Sitzungen auch erstmal eine Diskussion über Kritikverständnisse, „Klassiker*innen“ der kritischen IB und vor allem unsere gemeinsame Themenfindung an:

Wollen wir uns mit feministischen, postkolonialen und/oder kapitalismuskritischen Theorien beschäftigen? Finden wir Methodenkritik spannend? Suchen wir nach kritischen Perspektiven auf Humanitarismus, Internationale Organisationen oder die Generierung von Wissen über Konflikte? Und wie werden wir mit all dem dann praktisch?


Kritische Theorie des Zionismus

Der aktuelle Antisemitismus benennt sich, jedenfalls in Mitteleuropa, nicht mehr offen und ehrlich selbst so. Er ist heute als Antizionismus oder „Israel-Kritik“ salonfähig und wird auf einer Klaviatur von links bis rechts bespielt. Dass es sich hier jedoch um eine fadenscheinige „Umwegkommunikation“ handelt und mit „den Zionist*innen“ immer auch „die Jüd*innen“ gemeint sind, wurde von Monika Schwarz-Friesel bereits sozialwissenschaftlich aufgezeigt und sollte spätestens nach den letzten Angriffen auf jüdische Einrichtungen, die zur Kritik an Israel umgelogen werden, allen klar sein. Gleichzeitig verlassen immer mehr Jüd*innen Europa Richtung Israel, weil sie sich als Bürger*innen hier nicht mehr sicher fühlen.

Vor diesem Hintergrund möchten wir gemeinsam mit euch einen Begriff des Zionismus entwickeln. Wir wollen dazu Texte Theodor Herzls und der frühen Zionist*innen lesen um zu erfahren wo die ideengeschichtlichen Quellen der Bewegung liegen, um später anhand der Kritik des Warenfetischs bei Marx und den Thesen zum Antisemitismus in der „Dialektik der Aufklärung“ nachzuvollziehen, wie diese Staatgründungstheorie der über Jahrhunderte von Verfolgung Bedrohten entstand. Auch aktuellen Debatten, wie das positive Verhältnis von Feminismus und Zionismus sowie Staatlichkeit als Selbstverteidigung im Falle der Kurd*innen möchten wir Raum geben.


Von der Kritik der Medizin zu einer Kritischen Theorie der Medizin

„Der Kunde des Arztes soll nicht fragen und fordern, seine Rolle ist, zu leiden, er ist Patient.“ (Max Horkheimer)

In der gegenwärtigen Medizin bekommen wir schnell den Eindruck, dass die Linderung der Schmerzen von Individuen nicht im Mittelpunkt steht. Diesen Mangel erfahren wir tagtäglich am eigenen Leib, medial vermittelt als neoliberale Zurichtung der Gesundheitsversorgung mit „Pflegenotständen“ und in der Rolle als Patientin der „Zwei-Klassen-Medizin“ in Krankenhäusern und bei niedergelassenen Ärztinnen. Gleichzeitig bietet das Studium der Medizin nicht ausreichend Raum für kritische Reflexion des Fachs, während die Leistungen und Beiträge der Frankfurter Schule zur Analyse dieses Komplexes in den Sozialwissenschaften wenig beachtet werden. Um dem entgegenzuwirken, möchten wir gemeinsam mit euch eine ideologiekritische Perspektive auf die gegenwärtigen Tendenzen der Ökonomisierung der Krankenversorgung, das Gesellschaftsbild der Ärztin, sowie die Kritikfeindlichkeit in der akademischen Lehre entwickeln. Unsere Grundlage sind die Analysen der Kritischen Theorie von Horkheimer, Adorno und Benjamin sowie ihre ideologiekritischen und feministischen Weiterentwicklungen, in denen sich Themen wie das Ärztinnen-Patientinnen-Verhältnis als Unmündigkeit-Ohnmacht-Beziehung oder die Erfahrung des leidenden Menschen als Quelle von Erkenntnis und gesellschaftlicher Erfahrung, ziehen.